Von Reichenbach nach Crailsheim - Ausbau in 2 Etappen

 

Die Drehscheibe vor dem Haus 3 des Bw Reichenbach/Vogtland (links) kurz nach der Ankunft des Bautrupps aus Crailsheim und die Drehscheibengrube fünf Tage später (rechts). Es war aber nur die erste Etappe bei sommmerlichen Temperaturen. Niemand ahnte, dass noch eine zwei Etappe folgtgen wird, dann bei Februar-Frost von minus 10 Grad.

Vorgeschichte Teil 1: Am 30. Mai 1976 schied mit der 053 089-9 die letzte Dampflokomotive aus dem planmäßigen Betrieb des Bw Crailsheim aus. Der Rundschuppen hatte ausgedient und wurde vom 17. bis 20. Dezember 1979 abgerissen. Kurze Zeit später wurde auch die Drehscheibe ausgebaut und verschrottet, die Grube zugeschüttet.

 

Vorgeschichte Teil 2: 1995 leitete die Rückkehr der 64 419 nach Crailsheim auch der Umzug von Fahrzeugen des Vereins DBK Historische Bahn vom bisherigen Standort Gaildorf West nach Crailsheim ein. In der Folgezeit gab es Überlegungen, wieder eine Drehscheibe in Crailsheim einzubauen. Einzelne Probegrabungen ergaben, dass zumindest die Bodenplatte der früheren Drehscheibegrube noch vorhanden war. Nun galt es, eine 23-Meter-Drehscheibe zu finden. Von der DB kam der Hinweis auf eine Scheibe im Bw Freiburg. Ohne Straßenzufahrt inmitten von Gleisanlagen schien ein Ausbau äußerst problematisch. Die Drehscheibe im Bw Ehrang wurde ebenso begutachtet, wie die im Bw Hanau, die einer Straßenbrücke weichen sollte (dort ist heute die Museumseisenbahn  Hanau zu Hause, die Straßenbrücke wurde nie gebaut). Schließlich ging der Blick in die neuen Bundesländer. Wertvolle Hilfe leisteten dabei die Bücher von Hansjürgen Wenzel und Peter Konzelmann zu den Baureihen 03 und 41 aus dem Jahr 1975 mit ihren Beheimatungslisten - die Heimat-Bws brauchten wegen der Loklänge (mit T32/T34-Tender) eine 23-Meter-Drehscheiben. In einer Rundreise wurde viele Bws in den neuen Bundesländern angesteuert. Erstes Ziel war Reichenbach/Vogtland. Wie sich später herausstellte, hätten wir die Suche eigentlich gleich dort beenden können. Die Wahl fiel auf die Drehscheibe am Haus 3. Die Gründe waren vielfältig: Sie wurde nicht mehr benötigt, die Autobahn war in der Nähe und Reichenbach liegt mit 325 km gegenüber den anderen Standorten am nächsten an Crailsheim. Entscheidend war aber: Viele Bauteile waren nicht vernietet sondern verschraubt und die Drehscheibe war erst im Oktober 1976 völlig neu aufgebaut worden - fast neu also.

 

Vorbereitung Teil 1: Da an der Drehscheibe ein Schildchen des DB-Geschäftsbereiches (mit Rufnummer) samt Inventar-Nummer angebracht war, fiel die Kontaktaufnahme leicht. Kaufpreis sollte der Schrottwert sein. Irgendwelche Eigenschaften, die Funktionsfähigkeit oder gar die Mitlieferung irgendwelcher technischer Unterlagen wurde nicht zugesagt. Im März 2002 nahm der Ausbau der Drehscheibe immer konkretere Formen an. Bei einem Besuch vor Ort in Reichenbach sollte geklärt werden, welche Gerätschaften notwendig sind, um die Drehscheibe auszubauen sowie wievele Lastzüge benötigt werden, um die Teile abzutransportiern. Größere Gerätschaften wie Kräne, Kompressor (z. B. für die Druckluftschrauber), Stromaggregat (auf dem ganzen Gelände war der Strom abgeschaltet), Brenngas oder "Schienenflex"  (später kam noch eine Hebebühne dazu, um die Deckenbeleuchtung im Haus 3 abzubauen) sollten in Reichenbach und Umgebung angemietet werden. Dies wurde bei einem weiteren Besuch einer kleineren Delegation  dann geregelt, wie auch die Unterkunft in einem kleineren Hotel in der Stadt. Letzter Teil der Vorbereitungen war die Klärung der Verpflegung am Tag. Der  Besuch einer Gaststätte kam aus Zeitgründen nicht in Frage und auf jeden Tag Pizzaservice hatte auch niemand Lust. Nach längeren Verhandlungen willigte die DB schließlich ein - auch unter dem Hinweis, dass es bei Regen und über Nacht (für das Werkszeug) keine Unterstellmöglichkeit gebe - so dass wir den Stand 10 des Hauses 3 nutzen durften. Für eine Türe an der Rückseite gabe es dann einen Schlüssel. Die Jalosie des Tores musste freilich im (Not-)Handbetrieb geöffnet werden - der Strom für den Motor war ja abgeschlatet.

Jetzt als Fotofan mit Blick auf die Brücke.
Jetzt als Fotofan mit Blick auf die Brücke.

Vorbereitung Teil 2:  Acht Mann der DBK hatten Urlaub für die Woche vom 10. bis 17. Juni 2002 eingereicht. Bei der Planung war man noch von zehn Mann ausgegangen. Die Vorgehensweise für den Abbau wurde im Detail festgelegt - wobei sich für den Mittwochnachmittag eine zeitlicher Puffer ergab - sollte alles so klappen wie geplant. Marterial- und Werkzeuglisten wurden erstellt, ebenso eine Liste für die Verpflegung. Schließlich lagen zwischen der Heimat und Reichenbach 325 Kilometer - zuviele,  um kurz noch weiteres Werkzeug zu holen. Diese gute Vorbereitung zahlte sich aber aus. Der Besuch an der Götzschtalbrücke klappte.

Der Ausbau - Teil 1

Samstag, 8. Juni 2002

Entsprechend der Material-Listen werden ein gemieteter 7,5-Tonner mit Kofferaufbau, der vereinseigene Ford-Transit (mit Plane) sowie zwei Pkw in Crailsheim beladen.

 

Auf ein gutes Gelingen
Auf ein gutes Gelingen

Sonntag, 9. Juni 2002

Treffpunkt 9 Uhr im Bw Crailsheim. Das Abenteuer kann beginnen. Zunächst über die A6 bis Nürnberg, dann die A9 bis Hof und schließlich die A72 geht es nach Reichenbach. Die Bw-Zufahrt versperrt mittlerweile ein Tor, für das wir aber wie vereinbart einen Schlüssel erhalten. Der Fort-Transit wird im Haus 3 abgestellt. Die Küche im Stand 10 aufgebaut, Gerätschaften und Material vorbereitet. Schließlich bekommen wir noch Besuch von einem Vereinsmitglied. Er kommt für einen Tag - aber nur zur moralischen Unterstützung. Und er hat noch etwas Bier von seinem Umweg über Tschechien im Gepäck. Das Bier ist schnell getrunken, alle Vorbereitungen sind abgeschlossen, es geht zur Unterkunft.

 

Montag, 10. Juni, 2002

6.45 Uhr Wecken, 7.15 Uhr Frühstück, 7.45 Uhr Abfahrt zur Baustelle, 8 Uhr Arbeitsbeginn - dies sollte unser morgentlicher Rhythmus für die nächsten Tage sein.

Es kann los gehen.
Es kann los gehen.
Nach dem markieren jedesTeils beginnt der Ausbau.
Nach dem markieren jedesTeils beginnt der Ausbau.

Eine Drehscheibe besteht bestimmt aus 1000 Teilen oder noch mehr. Damit diese Teile später in Crailsheim auch wieder an der richtigen Stelle eingebaut werden, wird vor der Zerlegung der Drehscheibe jedes Teil an jeder Verbindung mit gelber Farbe gekennzeichnet. Ausgangspunkt der Systematik ist das Drehscheibenhaus. Zudem wird der Ursprungszustand in Detailfotos festgehalten, wie auch jede einzelne Stufe der Zerlegung. Am Ende sind es fast 500 Aufnahmen. Das Ergebnis ist schließlich eine Explosionszeichnung , Grundlage für den späteren Wiedereinbau.   

Der Abbau des Bediener- und Antriebshauses der Drehscheibe. Das Dach ist außer ordentlich schwer. Die Entscheidung fällt schnell. Es geht nicht mit, lediglich das Schild auf dem Dach kommt mit nach Crailsheim. 

Parallel dazu laufen auf der dem Drehscheibenhaus gegenüber liegenden Seite die Abbauarbeiten. Im Bild links ist die "Ampel" noch dran. Im Bild rechts ist sie schon abgebaut. Nun geht es dort an die Laufgitter.

Beim weiteren Abbau des Drehscheibenhauses müssen dann aber alle ran. Manche Schraube löst sich erst nach einer "wärmenden Ansprache". Da schon einige Scheiben fehlen, andere gesprungen sind und an anderen sich der Fensterkitt bereits auflöst, fällt der Entschluss  das Glas komplett zu entfernen und in Crailsheim alle Fenster neu einzuglasen.

Die Zerlegung der Drehscheibe macht schnell sichtbare Fortschritte. Gut erkennbar sind die erwähnten Markierungen in gelber Farbe. Doch es kommen auch Überraschungen zu Tage: Das mittlere Foto zeigt zwei Gewichte (mit rotem X markiert), die unter der Blechabdeckung  am Drehscheibenhaus verborgen waren und erst jetzt entdeckt werden. In Ermangelung einer Verschraubung oder Nut können diese Gewichte nur mit sehr großer Mühe auf beengten Raum um einige Millimeter angehogen werden. Das genügt aber, um einen Gurt darunter einzuziehen.

Nicht jedes Teil ist verschraubt, es muss auch so manche Schweißnaht in der Unterkonstruktion der Laufgitter getrennt werden. Und dann kommt er, der erste Regenschauer dieses Arbeiteinsatzes. Es sollte der einzige bis Freitag bleiben. Bis auf den Mitstreiter in grüner Regenkleidung zogen es alles anderen Mitarbeiter vor, im Kofferaufbau des Lasters Platz zu nehmen.

 

Nach dem Regenschauer geht es weiter. Es soll so viel wie möglich am ersten Tage erledigt werde.

Die Schatten werden länger. Es ist fast 20 Uhr. Nach rund 12 Stunden auf der Bau-stelle ist endlich Feierabend.

Am Rande bemerkt: In dieser Woche in Reichenbach fuhr immer wieder ein älterer Mann mit seinem Fahr-rad an unserer Bau-stelle vorbei. Es dürfte sich um einen früheren Bw-Mitarbieter aus (D)DR-Zeiten gehandelt haben. Er erkundigte sich, was wir denn da machen würden. Wir gaben gerne Auskunft, bekamen aber zur Antwort, dass wir das in einer Woche nie schaffen würden.  "Dazu haben unsere Bau-Brigaden ja mehr als zwei Wochen gebraucht."  Sagte es und radelte davon. Er kam in den folgenden Tagen immer wieder vorein, freilich ohne ein Wort zu verlieren. Nicht aber am Freitag. Als die letzten Teilen verladen waren, hätten wir ihn gerne auf die Leistung der Bau-Brigade aus DDR-Zeiten angesprochen. Es war aber gut so, dass er nicht kam. Wir hätten - stolz wie wir waren - vielleicht doch einige zu große Nägel eingeschlagen.


Dienstag, 11. Juni 2002

Die gleiche Prozedur: 6.45 Uhr Wecken, 7.15 Uhr Frühstück, 7.45 Uhr Abfahrt zur Baustelle, 8 Uhr Arbeitsbeginn.  Doch an diesem Tag sitzt uns der Zeitplan im Nacken. Ein kleinerer Kran ist bestellt, um die schwereren Teile der Drehscheibe abbauen zu können. So zum Beispiel das Rahmenteil, auf dem das Drehscheibenhaus sich befinden hat. Dieses Teil bereitet große Sorgen. Nicht nur wegen den vor dem Ausbau nicht erkannten Gewichten. Dieses Rahmenteil ist im Gegensatz zur restlichen Drehscheibe nicht geschraubt, sondern verschweißt.  Nach längerem Überlegen kommen wir zum Ergebnis, das rund acht Meter lange und etwa fünf Meter breite Teil in einem Stück nach Hause transportieren zu lassen. Auch hier weiß die Spedition Kübler nach einigen Telefonaten eine Lösung - ein Speziallaster wird für Donnerstag angekündigt.  Abbau des Rahmenteils für das Drehscheibenhaus. Zunächst müssen der Schaltschrank und der Antriebsmotor mit ihren jeweils eigenen Rahmens abgebaut werden. Ohne den kleinen Kran nicht zu bewältigen. Erst dann kann es an das zu einem Bauteil zusammengeschweißten Rahmenteil für das Drehscheibenhaus gehen.

Nachdem die letzten Verbindungen zwischen der Brücke und dem Rahmen für das Drehscheibenhaus  - das dabei am Haken des Krans hing - getrennt sind, kann das Teil herausgehoben werden.   

Anschließend ging es an den Abbau weiterer Teile.
Anschließend ging es an den Abbau weiterer Teile.

Besonders der Abbau der von uns so genannten Schmetterlingsflügel (Bild oben rechts) bereitet einiges an Kopf- zerbrechen. An diesem Teil treffen die beiden Brücken der Drehscheibe aufeinander. Das horizontale Blech zwischen den  beiden Flügeln stellt die "elastische" Verbindung dar. Bis zum Feierabend können alle Verbindungen gelöst werden, wenngleich nicht alle Teile abgebaut werden. Dennoch, wir sind im Zeitplan.

 

Mittwoch, 12. Juni 20002

Der dritte Tag. Und nicht mehr jeder Mitstreiter schaffte es so leicht aus dem Bett. Heute wird die Drehscheibe vollends in zwei Teile getrennt. Zunächst werden die Schienen der Drehscheibenbühne durchtrennt. Mit einer Länge von 23 Meter wären sie auf der Straße kaum zu transportieren. Auch der Schienenring in der Dreh-scheibengrube wird gleich in sechs Teile zerschnitten.

Als letzte Arbeit - nach den letzten Flügelteile abgebaut sind - gilt es noch einige Pass-Schrauben zu entfernen. Diese wollen sich aber einfach lösen. Vielleicht haben wir die einzelnen Verbindungen der beiden Brückenteile in der falschen Reihenfolge auseinander gebaut und die Schrauben sind dadurch wie verkeilt,  vielleicht sitzen die Schrauben aber auch nur fest. So müssen sie mit dem Schneidbrenner ausgeschmolzen werden. Das Bild links zeigt, wie eine Momentaufnahme davon: Nur mit etwas Mühe ist der Mitarbeiter in der Drehscheibenbühne zu erkennen. Der Qual stammt aber nicht von dieser Baustelle. Gleichzeitig wird auch eine Schraube außen an der Bühne "warm gemacht". Auf dem Bild in der Mitte zeigt ein Pfeli auf eine der im Rahmen verbauten Pass-Schrauben bzw. wo sich eine solche befand.  Rechts im Bild ist besonders der grau-rote-Klumpen auf dem Boden interessant: Konstruktionsbedingt sammelte sich in einigen Ecken der Drehscheibenbühne das Wasser und konnte nicht ablaufen. Man behalf sich damit, mit einer Menge Kitt in diese Ecke zu beseitigen. Damit es nicht weiter auffiel, wurde der Kitt dann mit der roten Blei-Grundierung  und der grauen Anstrichsfarbe überstrichen. Wichtig: Wir sind im Zeitplan und fahren am Nachmittag zur Götzschtalbrücke.


Donnerstag, 13. Juni 2002

Der große Verladetag: Zunächst wird das Rahmenteil des Drehscheibenhauses auf einen Speziallaster verladen. Der Fahrer des Sattelzuges ist sehr schlecht gelaunt. Er war auf einer Leerfahrt von Wien nach Paris, dort sollte er neue Ladung bekommen, und musste jetzt einem Umweg über das Vogtland machen. "Nur um ein Schrottgerippe nach Crailsheim zu fahren", wie er sich ausdrückt. Als das Rahmenteil am Abend in Crailsheim wieder abgeladen wird, schimpft der Fahrer noch immer - erzählt das Empfangskomitee, das in Crailsheim zur das Abladen zuständig ist, später. 

Das untere Foto zeigt das quer gestellte Rahmenteil. Im Nachhinein waren wir froh, dieses Teil in einem Strück nach Crailsheim gebracht zu haben. Wieviele Stunden hätte es gedauert, bis dieses Rahmenteil wieder zusammengeschweißt gewesen und geprüft wäre . . .

 

Nun ging es an die Verladung der Drehscheibenbühnen. Zunächst wurden die Schienen abgeschraubt - was mit Schlagschrauber schnell ging. Mit der Luft aus dem gemieteten Kompressor wurde das Bauteil auch noch gleich bereinigt (Bild links). Dann die Ketten eingehängt und los sollte es gehen.  Doch die Bühne hob sich keinen Millimeter. Hatte wir eine Schraube vergessen? Reste einer Pass-Schraube steckten noch. Wieder musste der Schneidbrenner ran. Der Kran wartete, der Zeitplan schien zu kippen. Als der Kran dann wieder anzog, machte es einen NRuck: Geschafft, die Bühne der Drehscheibe hob sich langsam vom Königsstuhl ab.  

Langsam schwebt die Bühne nach oben. Sanft rutscht das Bauteil aus den Halterungen der Laufrad-Gestelle. Neben dem Kran steht schon der Lastzug der Spedition Kübler (sie transportierte schon viele Lokomotiven und auch die Concord). Das zweite Bühnenteil wird von Hand um 180 Grad gedreht, so dass es der Kran leicht aufnehmen kannt. Auf den Lastzug den beiden Bühne wartet in Crailsheim das Abladekommando. Das abschrauben der Schienen reduziert die Ladehöhe um einige Zentimeter und so werden die Transportbestimmungen eingehalten. Allerdings um den Preis, dass die beide Laufgestelle nicht wie ursprünglich von uns gehofft, darauf noch Platz finden. Eine Reihe weitere Bauteile wird anschließend in die drei nun anrollenden Sattelzüge verladen. Doch es zeigt sich schell, dass die Ladekapazität nicht ausreichen wird,  um die restliche Teile in dem einen für Freitag bestellten Sattelzug unterzubringen. In der Drehscheibengrube werden noch die Schrauben des Schienenkranzes gelöst und entfernt. So können die sechs Gleisstücke auch  herausgehoben werden und harten auf die Verladung am Freitag.    


Freitag, 14. Juni 2002

Endlich der Endspurt. Die Kräfte lassen immer mehr nach. Jeder sehnt den Abschluss der Arbeiten in Reichenbach herbei.  

Für den Freitag sind nun zwei Sattelzüge bestellt. Darin kann alles untergebracht werden. Darunter ist auch ein  Muster des gebogenen L-förmigen Stahlwinklels mit Öffnung - zu Hause sollen diese Teil aus neuem Material nachgebaut werden.

Es handelt sich um ein solches Bauteil (Bild rechts). Wir glaubten damals, dass sich ein solcher Winkelstrahl leicht besorgen lässt. Was wir übersahen: Das L-Profil war einem Raduis von kann 12 Meter gebogen. Somit war es im Stahhandel kein Teil von der "Stange", sondern ein Sonderbauteil. Das wussten wir alles damals noch nicht, oder übersahen es, weil bei allen Mitstreitern die Luft vollends raus war. Jeder freute sich auf den Samstag.

Bei heftigen Regen ging es zurück, und nach dem das Werkszeug in Crailsheim  ausgeladen war zurück nach Hause.


Freitag, 14. Juni 2002: Wir verlassen das Bw Reichenbach/Vogtland. Ein letzter Blick auf das Haus 3 und die nun leere Drehscheibengrube.

Samstag, 15. Juni 2002:

Rückfahrt nach Crailsheim. Es regnet in Strömen.  In Crailsheim müssen noch die beiden Lasten entladen werden. 


Die unfreiwillige Rückkehr

Das Haus 3 am 2. Februar 2011
Das Haus 3 am 2. Februar 2011

Zunächst noch unbeachtet, doch dann rückte das Problem immer mehr in den Fokus: Die L-Profile zur Drehscheibenverriegelung waren zu einem vertretbaren Preis nicht zu beschaffen. Also sollten die Teile aus Reichenbach geholt werden. Was sich als einfache Lösung anbot, wurde zum Marathonlauf. Wir waren der Ansicht, dass uns diese Teile sowieso gehörten und wir nur anreisen mussten und sie ausbauen. 2009 fuhren wir hin. Das gesamte Bw schien unverändert, nur dass noch weitere Dächer an den Gebäuden eingebrochen waren. Unsere Teile waren auch da. Damit hatte es sich aber mit den guten Nachrichten. Die´Stelle bei der DB, über die wir die Drehscheibe sieben Jahre zuvor gekauft hatten,  gab es nicht mehr. Nach vielen Recherchen bekamen wir heraus, dass das Gelände an eine Firma aus der Nähe von Görlitz verkauft worden war. Die hatte schon durch viele schlechte Nachrichten auf sich aufmerksam gemacht. Im Grundbuch war diese Firma allerdings nicht als Eigentümer eingetragen, da stand noch die DB. Bei der Bahn kamen wir aber auch nicht weiter, da die zuständige Mitarbeiterin nicht erreichbar war - zunächst im Urlaub und dann in Besprechungen. Sie würde uns nach ihrer Besprechung zurückrufen, wurde uns versichert. Die arme Frau sitzt heute noch in dieser Besprechung, denn wir warten immer noch auf dem Rückruf. Weitere Recherchen zu der Firma ergaben, dass die Anschrift zu einen unbewohnten Haus gehört, die beiden im Handelsregister genannten Personen waren nicht zu ermitteln, der Telefonanschluss war tot und über die E-Mail-Adresse gab es keine Antwort. Wir waren kurz davor, eine amtliche Verfügung zu erwirken, die es uns ermöglicht hätte unser Eigentum vom Bw-Gelände zu holen. Es fehlte nur noch eine Bescheinigung des Rathauses von Reichenbach zum Grundstückeigentümer.  

Das Haus 3 im Februar 2011: Stuhl im Eis
Das Haus 3 im Februar 2011: Stuhl im Eis

Eiszeit: Doch dann die nächste Überraschung: Nun war weder die Fima aus Görlitz noch die DB plötzlich Eigentümer der Flächen und Schuppen in Reichenbach,  sondern ein Mann aus Reichenbach selbst. Der Name ließ auf eine Herkunft aus Südost-Europa schließen. Diese Firma wolle, wie schon die Görlitzer, auf dem ehemaligen Bw-Gelände einen Solarpark errichten - hieß es. Zunächst landen wir telefonisch beim Sohn des neuen Eigentümers, der eine Verleihfirma in Reichenbach betreibt. Dann hatten wir endlich den neuen Eigentümer an der Strippe. Der wartete unsere Erklärung erst gar nicht ab, viel mehr meinte er lautstark: "Jeden, den ich auf meinem Gelände erwische, den erschieße ich."  Zu weiteren Gesprächen war er nicht bereit.

Platten und L-Profile sind noch vorhanden.
Platten und L-Profile sind noch vorhanden.

Was blieb uns übrig, als nach Reichenbach zu fahren. Als Trost wurde uns auf den Weg gegeben: Albaner - als ein solcher Landsmann wurde der Eigentümer vermutet -  benutzen keine Schusswaffen. Sie nehmen das Messer - wie beruhigend. Dort angekommen, fanden wir das Tor zu Bw weit offen und fuhren hinein auf der Suche nach dem Eigentümer, den Herrn  A. Im Bw war eine Entsorgungsfirma am Werk. Sie riss am Rundhaus 2 alle was aus Eisen war heraus. Das Haus 3 und die Drehscheibegrube davor zeigte sich (abgesehen von den nun hoch gewachsen Bäumen und Büschen) noch so, wie wir diesen Ort knapp neun Jahre davor verlassen hatten. Von Herrn A. gab es aber keine Spur. Wir fuhren zu der Firma des Sohns von Herrn A. Dort wirkte alles etwas dubios und wurden wir schnell wieder weggeschickt, wenigstens mit der Auskunft, Herr A., sei nicht da.

Wieder zurück zum Bw Gelände. Vielleicht war ja mit den Mitarbeitern der Entsorgungsfirma ein Gespräch möglich. Doch es wartete bereits Herr A. auf uns. Aber statt uns anzuhören, drohte er uns mit der Polizei wegen Hausfriedensbruch. Beruhigend: Wer mit der Polizei droht, bringt seinen Gesprächspartner nicht gleich um. Die Erklärung, dass wir die Teile für die Drehscheibe benötigen, brachte ihn dann so richtig in Rage. Der Grund: Er glaubte, dass wir zu den Dieben zählten, die auf dem Gelände Kupfer und andere Metalle gestohlen hätten. Erst als wir ihm sagen, dass wir die Drehscheibe schon 2002 ausgebaut hätten, steckte er sein Telefon wieder weg.  Ob er da wirklich die Nummer der Polizei wählen wollte oder nicht vielmehr die seines Sohns?  Als wir ihm dann noch zusicherten, das Metal zu bezahlen, war das Eis gebrochen.  Mit dem Chef der Entsorgungsfirma konnten wir dann schnell die Details regeln: 300 Euro die Tonne und Abbau bis 28. Februar.

 

Der Ausbau - Teil 2

Der kurzfristig ausgestellte Plan: Wir reisen mit sechs Mann am Donnerstag, 21. Februar, mit zwei 7,5-Tonnern und Kofferaufbau an. Beginnen dort zur Mittagszeit mit dem Ausbau. Lassen die beiden Laster über Nacht im Bw stehen. Fahren mit dem dritten Fahrzeug (Pkw) ins Hotel. Am nächsten bis zum Mittag vollends Abbau der letzten benötigten Teile und Verladung. Suche, was man noch brauchen könnte. Rückfahrt dann am Samstag.

Probleme bei der Umsetzung: Am letzten Wochenende eines Monats sind die 7,5-Tonner wegen privater Umzüge gefragt. Welche mit Koffer waren zu bekommen. Hatte sowieso viel Glück, überhaupt zwei Laster zu bekommen.

Wieder hatten wir Glück mit dem Wetter: Der Schnee war fast weggetaut, die anschließende Kältewelle schwächte sich ab. Nur noch minus 7 Grad zur Mittagszeit.

Kurz nach der Ankunft. Ausladen der Gerätschaften. Abbau des hinderlichen Zauns. Und Einsatz der Flex.
Kurz nach der Ankunft. Ausladen der Gerätschaften. Abbau des hinderlichen Zauns. Und Einsatz der Flex.

 Tag 1: Gleich nach der Ankunft wird die Baustelle eingerichtet. Nach dem Aufbau der Notstromversorgung beginnen drei Mann mit Winkelschleifern (Flex) die Scheißnähte der L-Profile an den Stahlplatten aufzutrennen. 1 Mann ist ihnen als Helfer und Ablöser zugeteilt. Zwei  Mann lösen die Muttern an den Stahlplatten am Drehscheibenrand. Doch hier tauchen die ersten Probleme auf. Aus Kostengründen hatte man auf das Gas Acetylen verzichtet und günstigeres Gas zum Brennen mitgenommen. Dies rächte sich nun: Im ca. 30 Kilometer entfernten Zwickau muss im Fachgeschäft (dort holten wir auch schon bei der ersten Aktion in Reichenbach noch Gas nach) nun Gas besorgt werden und gleich dazu eine neue Brennergarnitur. Die gibt es an diesem Tag im Sonderangebot – welch ein Trost. Und welch Überraschung: Unsere Adresse ist in deren Firmenkartei sogar noch hinterlegt. Dieser Ausflug bringt den Zeitplan aber völlig durcheinander. Da es in Februar früh dunkel wird und sich auch die Schweißnähte als hartnäckiger (oder unsere Felxen leistungsschwächer) als erwartet erwiesen, bleiben wir weit hinter den Zeitplan zurück.

 

Das Bild links zeigt die entfernten L-Profile von den Stahlplatten. Die bereiteten noch Probleme.
Das Bild links zeigt die entfernten L-Profile von den Stahlplatten. Die bereiteten noch Probleme.

Tag 2: Nun galt es, wieder in den Zeitplan zu kommen. Was nicht leicht war. Zwar ging die Sonne schon kurz nach 7 Uhr auf und wir waren wenig später auf der Baustelle. Aber die Kälte von ca. minus 10 Grad war alles andere als Vergnügen. Wir waren zwar dick angezogen, das behinderte aber in der Bewegungsfreiheit. Nun mit dem richtigen Gas ging es flott voran. Für den frühen Nachmittag hatten wir einen Bagger bestellt. Der hob mit einem Magneten die Stahlplatten an und brachte sie an die Straße, wo sie zusammen mit den L-Profilen auf Paletten verladen werden konnte. Mit einer beladenen Palette ging es zu einem Schotterwerk. Dort wurde die Palette gewogen, Grundlage für den Preis, den wir noch zu bezahlen hatten. Mit dem Wiegezettel wieder zurück ins Bw. Während die Miet-Gasflaschen für den Schneidbrenner wieder nach Zwickau gefahren wurden, ging im Bw die Beladung der Laster mit den Paletten und dem mitgebrachten Werkzeug und Gerätschaften los. Dies zog sich bis nach 18 Uhr hin. Dazwischen wurde noch der Entsorgungsfirma abgerechnet – in bar versteht sich. Bei völliger Dunkelheit mussten nun noch die Laster rückwärts über einen schmalen Bahnübergang und ein enges Sträßchen am Haus 3 vorbei bis zum Rundhaus 2 gesteuert werden.

Eine leichte Aufgabe an sich, doch der Tag hatte an den Kräften gezehrt. Doch auch das wurde noch geschafft. Die Zäune samt Stangen und Toren, die wir auch noch mitnehmen wollen, mussten wir aber zurücklassen.

So sah es aus, bevor die Platten durch einen Bagger mit Magneten eingesammelt wurden.
So sah es aus, bevor die Platten durch einen Bagger mit Magneten eingesammelt wurden.
Am nächten Tag vor der Abfahrt, bei einem Tankstopp und schließlich dem Entladen in Crailsheim.
Am nächten Tag vor der Abfahrt, bei einem Tankstopp und schließlich dem Entladen in Crailsheim.